IOC-Präsident Thomas Bach : Putins Pudel!

Thomas Bach und Wladimir Putin gelten als gute Freunde. Nun öffnet Bach Russland trotz des erwiesenen Staats-Dopings den Weg nach Rio...

Die Männerfreundschaft zwischen dem deutschen IOC-Präsidenten Thomas Bach und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin – zählt sie mehr als sauberer Sport?

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) lässt Russland mit einem blauen Auge davonkommen. Die Sport-Großmacht darf bei den Olympischen Spielen in Rio de Janeiro starten – und das sogar unter Landesflagge. Die Entscheidung, welche Sportler nach Rio dürfen, delegierte das IOC an die internationalen Sportverbände weiter und behielt sich lediglich ein Einspruchsrecht vor.

Jeder Sportler müsse „die Chance haben, auf die Anschuldigungen zu reagieren, es gilt die Unschuldsvermutung. Deswegen haben wir strenge Kriterien entworfen, die jeder russische Sportler erfüllen muss, wenn er an den Olympischen Spielen von Rio teilnehmen will“, sagte Bach.

Russland zeigte sich zufrieden. „Das ist eine rechtmäßige Lösung“, sagte der Chef des Sportausschusses im russischen Parlament, Dmitri Swischtschjow.

International dürfte es hingegen scharfe Kritik hageln, hatte der McLaren-Report am Montag doch zweifelsfrei enthüllt, dass es in Russland „mindestens von Ende 2011 bis August 2015“ ein staatlich organisiertes und überwachtes Doping-System gab.

Russland als „treuer Partner“

Der Mauschelverdacht liegt nahe: Experten hatten, etwa im Nachrichtensender CNN, bereits im Vorfeld der Entscheidung darauf hingewiesen, dass Bach ein „guter“, „alter“ Freund des Kreml-Chefs sei und er Russland deshalb kaum ausschließen werde.

Laut Sportinformationsdienst „unterstützten die Russen den Deutschen bei seiner Wahl zum IOC-Präsidenten und waren ihm treue Partner“. Die Frage dürfte international nun noch stärker in den Brennpunkt rücken: Hat Bach sich dafür jetzt erkenntlich gezeigt? Ist er etwa Putins Pudel?

Bis zum Schluss hatte Bach für Russland auf Zeit gespielt.

► Noch im Mai hatte er in der „FAZ“ gesagt, das IOC müsse „die schwierige Entscheidung zwischen kollektiver Verantwortung und individueller Gerechtigkeit treffen“. Und das, obwohl der Welt-Leichtathletik-Verband (IAAF) den russischen Leichtathletik-Verband (RUSAF) schon am 13. November 2015 wegen massiver Doping-Verfehlungen suspendiert hatte.

► Auch danach wollte Thomas Bach nicht von seiner Unterstützung des russischen Verbandes abweichen. Noch am 6. Juli antwortete er in einem Interview mit der „Welt“ auf die Frage, welchen Einfluss das anstehende Doping-Urteil auf die Teilnahme russischer Sportler bei Rio habe: „Keinen.“

WADA-Chefermittler Richard McLaren sagte kurz darauf, das russische Sportministerium selbst habe die Manipulationen „geleitet, kontrolliert und überwacht“.

► Die Athletenkommission des Deutschen Olympischen Sportbundes forderte noch bis zu diesem Dienstag (!) ein Olympia-Startrecht für nachweislich saubere russische Sportler. Die Kehrtwende kam erst am Mittwoch, als man „aufgrund der erdrückenden Beweise für einen Ausschluss“ dem Komplettausschluss zustimmte. Dies sei gerechtfertigt, da das Doping „staatlich gelenkt ist und dass es ein System ist".

► Trotz des eindeutigen Urteils und der jahrelangen Verflechtung des russischen Staats in die Verzerrung von Wettkampfergebnissen mittels illegaler Substanzen - die WADA hatte Putins Freund und Sportminister Witali Mutko als wahrscheinlichen Drahtzieher des Dopings genannt - lobte Thomas Bach Putin noch vor zwei Wochen ausgiebig: „Tatsache ist, und auch hier gilt wieder das Prinzip der Gleichheit, dass wir selbstverständlich mit Russland und mit Herrn Putin sehr gut zusammengearbeitet haben“, sagte Bach zur „Welt“.

Er bezog sich dabei ausdrücklich auch auf die „Vorbereitung und (...) Organisation der Olympischen Winterspiele“. Jener Spiele, bei denen Putins Politiker, Funktionäre und Sportler laut WADA systematisch dopten und sich so die Medaillen für den RUSAF erschlichen.

Zwar wollte Bach gegenüber „Welt“ nicht kommentieren, ob er mit Putin tatsächlich so eng befreundet sei, wie man es ihm unterstellte. Allerdings betonte er: „Wenn man von mir in Deutschland als ‚Russenversteher‘ spricht, nehme ich das als Kompliment und bedanke mich dafür“, sagte Bach.

Die Geschichte dieser Freundschaft

Das extrem gute Verhältnis zwischen dem russischen Präsidenten und dem deutschen IOC-Chef hat eine lange Vorgeschichte. Im Voraus und im Nachhinein der Winterspiele von Sotschi hatte Bach Putin immer wieder für seine rigorose Durchsetzungspolitik gelobt. „Alles hat extrem gut funktioniert, vom Transportwesen über das Thema Sicherheit bis hin zu den Olympischen Dörfern, dem Essen – alles wirklich exzellent“, sagte Bach damals.

Dabei sah er offensichtlich nicht die Zwangsumsiedlungen für die Errichtung der Sportstätten, den konsequent unterdrückten Protest gegen das Vorzeige-Ereignis des Kreml-Herrschers und das kurzsichtige Konzept für die Bauwerke der Spiele. Die meisten von ihnen stehen heute leer und werden kaum genutzt.

Im Gegenzug wurden Bach und dem IOC immer wieder beste geschäftliche Beziehungen nach Russland nachgesagt. Die Zeitung „Die Zeit“ bezeichnete Thomas Bach im Mai dieses Jahres als „gut bezahlten russischen Sportbotschafter“. Unter dem Kommentar-Titel „Russophil und korrupt – wie Putin es mag“ zog die Zeitung eine Linie vom russischen klassischen Verflechtungssystem von Sport und Politik bis hin zum aktuellen Doping-Skandal.

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